Unser Weg

Wäre es nicht wunderbar, wenn man eines Tages weltweit gar keine Tierheime mehr bräuchte? Durch umfassende Kastrationsaktionen und Aufklärungsarbeit vor Ort muss Akzeptanz und Verantwortung geschaffen werden, damit die dann nur noch wenigen Straßentiere ein freies Leben führen können.

Straßentiere gibt es weltweit, millionenfach – für die meisten Menschen bedeuten sie eine „Belästigung“ oder einfach nur ein „Ärgernis“. Meistens heißen die Lösungen:


– Einfangen (oft mit brutalsten Methoden)
– Wegsperren (in staatliche oder private Tierheime, Orte in denen sie so gut wie nie artgerecht gehalten werden können)
– Warten (ob sich vielleicht doch jemand dieser Streunern annimmt und sie adoptiert)
– Einschläfern/Töten, denn schließlich braucht man freie Plätze für die vielen Neuankömmlinge oder die Hunde vegetieren jahrelang hinter Gittern vor sich hin
– großangelegte Vergiftungs- und Tötungsaktionen der Straßentiere werden in vielen Ländern leider immer noch durchgeführt
– ein paar wenige Hunde und Katzen werden über viele hunderte oder gar tausende Kilometer nach Deutschland, Österreich oder in die Schweiz exportiert. Oft sind diese (Massen-)Transporte qualvoll für die Tiere oder sie leiden dann unter dem veränderten klimatischen und kulturellen Bedingungen. Wenn sich in den o.g. Ländern nicht schnell eine neue Familie findet, landen sie erneut im Tierheim.

Und werden die Straßen dadurch leerer? Meistens nicht, denn oft wird der frei gewordene Platz sofort durch ein neues Tier ersetzt.

Ist das der richtige Weg mit Tieren umzugehen? Sollte sich der Mensch so über das Leben der Tiere hinwegsetzen? Wir finden NEIN! Aber wie kann ein anderer Weg aussehen, dieses Problem zu lösen? Mein Mann Buschi und ich wanderten im Januar 2004 von Deutschland in die Dominikanische Republik aus, um uns genau dieser Lösung anzunehmen. Mit unserer Arbeit packen wir die Probleme direkt an der Wurzel. Ihr könnt mit Euren Spenden dazu beitragen, einen artgerechten und lang anhaltenden Tierschutz zu unterstützen.

Kastrationen

Das A und O ist die Kontrolle der Population. Hier wirft eine Hündin im Schnitt pro Jahr ungefähr 10 bis 20, eine Katze 8 bis 14 Welpen. Niemand in der meist armen Bevölkerung kann so viele Tiere ernähren.

Da die Tiere hier sehr früh geschlechtsreif werden (Hündinnen manchmal schon mit fünf Monaten), das Klima durchgehend warm ist und drei Würfe im Jahr keine Seltenheit sind, gibt es für die Weibchen nur den Zustand läufig-schwanger-säugend. Das belastet die Tiere ungemein, sie magern ab, das Immunsystem ist geschwächt und sie sind dadurch für Krankheiten aller Art (Räude, parasitäre Erkrankungen, Virusinfektionen etc.) besonders empfänglich. Niemand will einen „hässlichen“ oder kranken Hund zu Hause haben und so werden oft auch Besitzertiere einfach auf die Straße „entsorgt“.

Rüden und Kater sind ständig im Kampf um die läufigen/rolligen Weibchen. Die Folge sind oft Biss-/Kratzwunden, die sich in diesem feucht-warmen Klima sehr schnell infizieren, was wiederum auch zu einer Schwächung des Körpers führt.

Zusätzlich birgt die Läufigkeit ein hohes Unfallrisiko. Wenn die Tiere hormon- und triebgesteuert sind, rennen sie blindlings über die Straße und achten nicht auf den Verkehr. Nicht nur die Tiere können dadurch zu Schaden kommen, auch die Menschen, was deren Verhältnis zu den Tieren nicht gerade verbessert,

Kastrationen – wobei wir unser Hauptaugenmerk auf die Kastration der Weibchen richten – sind der einzige Weg den läufig-schwanger-säugend-Rhythmus ein für alle Mal zu beenden, die Population unter Kontrolle zu bringen und somit auch die Anzahl der Straßentiere stark zu reduzieren. Wenn statt abertausenden nur noch wenige hundert Welpen geboren werden, haben diese wenigen Welpen auch eine gute Chance, ein liebevolles und verantwortungsbewusstes Zuhause zu finden.

Wir kastrieren Straßen- genauso wie Besitzertiere, denn ungewollte Besitzertiere könnten die Straßentiere von morgen sein.

Aufklärungsarbeit

Am Anfang meiner Aufklärungsarbeit stand oft das Überleben der Hunde im Vordergrund, denn auch die Besitzertiere wurden meistens nicht gefüttert und viele mussten verhungern. Doch allein durch eine bessere Futtersituation ändert sich kaum etwas. So fing ich – sehr behutsam und nie besserwisserisch – an, die Leute auf die allgemeinen, aber auch auf die medizinischen Bedürfnisse (wie z.B. Entwurmung, Behandlung von Hautparasiten, Kastrationen etc.) der Tiere aufmerksam zu machen, das Tier als einen Freund oder Familienmitglied zu sehen, den Menschen zu erklären, dass ein Tier sich seinen Lebensunterhalt auch „erarbeitet“, z. B. indem ein Hund das Zuhause und die Familie beschützt, eine Katze die ungeliebten Ratten fängt. Dass Menschen und Tiere in Harmonie und Gemeinschaft zusammenleben können und das nicht nur auf das eigene Tier bezogen. Dass wir als Menschen Respekt und Verantwortungsbewusstsein für Tiere und Umwelt haben müssen, damit unsere Welt im Gleichgewicht bleibt.

Und natürlich setzen wir uns nicht nur für Hunde und Katzen ein. Jedem Tier, dem Unrecht durch die Menschen angetan wird, versuchen wir zu helfen, sei es wildlebende Schlangen, Schildkröten und Vögel oder auch Pferde und Esel, die von ihren Besitzern schlecht behandelt werden.

Unser harter Weg zum Erfolg

Als wir 2004 nach Las Terrenas/Samana kamen, fasste so gut wie niemand einen Hund an – weder den eigenen, geschweige denn einen Straßenhund. Tritte waren an der Tagesordnung, die Hunde wurden mit Steinen beworfen, um sie zu verscheuchen, es wurden überall Giftköder ausgelegt, um die Population zu kontrollieren. Katzen (und manchmal sogar Hunde) wurden gegessen, Hunde wurden meist nicht älter als 5 Jahre.

Schon damals kümmerte ich mich darum, dass so viele Hündinnen wie möglich kastriert wurden – ein schwieriges Unterfangen, denn oft musste ich dafür stundenlang bis zum nächstgelegenen Tierarzt fahren – und setzte meine ganze Energie in die Aufklärungsarbeit. Oft war es ein Kampf gegen Windmühlen, denn kaum hatte ich 10 Hündinnen kastrieren lassen, wurden gleichzeitig schwangere Hündinnen oder ein Karton mit 10 Welpen auf der Straße ausgesetzt. Da Las Terrenas zunehmend größer wurde, viele Europäer für längere Zeit hier lebten, stieg die Population der Tiere rapide an. Leider auch die Anzahl der Straßentiere, denn viele Europäer, die nach einiger Zeit zurück nach Europa gingen, ließen ihre Tiere einfach hier.

2009: Alle paar Meter ein Straßenhund, abgemagert, räudig, voller Wunden und Narben und krank. Oft starben sie einfach auf offener Straße. Selbst reinrassige Rottweiler, Dobermänner, Schäferhunde oder Chow-Chows gehörten nun zu den Straßenhunden. Wenn ich nach Las Terrenas fuhr, kamen mir jedes Mal die Tränen aus Verzweiflung und Wut über diesen Zustand. So gründete ich die Asociación Amigos de Lucky, nahm unser gesamtes erspartes Geld und wir starteten eine sechswöchige groß angelegte Kastrations-Kampagne, bei der wir 480 Hündinnen, 73 Rüden, 72 Katzen und 16 Kater kastrierten. Um dies zu realisieren, holten wir uns absolute Profis mit an Bord, deutsche Tierärzte, die Kastrationen als Tierschutz zu ihrem Lebensinhalt gemacht haben. Es wird dabei steril gearbeitet, gezielte und intravenöse Narkosen verabreicht, die Schnitte sind sehr klein (3 bis 4 cm) und trotzdem werden Eierstöcke und Gebärmutter entfernt (Ovariohysterektomie).

Meist dauert der Eingriff nicht länger als 20 Minuten. Zusätzlich bekommen die Tiere ein Schmerzmittel, ein Depot-Antibiotika, ein Vitamin-Aufbau-Präparat sowie ein Mittel gegen Endo- und Ektoparasiten gespritzt und werden gegen Flöhe und Zecken eingesprüht. Die kastrierten Hunde bekommen alle ein Tattoo und die meisten zusätzlich eine gelbe Ohrmarke, die später schon von weitem erkennen lässt, dass der Hund kastriert und gesund ist. Katzen bekommen ein kleines Dreieck ins Ohr geschnitten, um auch sie als kastriert zu identifizieren. Durch die gezielt dosierte und kurze Narkose, das sterile Arbeiten, resorbierbares Nahtmaterial und die kleinen Kastrationsnarben können die Hunde sofort an ihren angestammten Platz auf der Straße oder zu den Besitzern zurück, was uns ermöglicht, mit einem professionellen Tierarzt / einer professionellen Tierärztin täglich bis zu 25 Hündinnen zu kastrieren.

Wir setzen sehr hohe Maßstäbe für unsere Kastrations-Kampagnen. Nicht nur das OP-Material muss beste Qualität haben, auch die Tierärzte, die für uns arbeiten, müssen absolute Profis auf ihrem Gebiet sein. Oft werden bei anderen Vereinen Veterinär-Studenten oder Tierärzte, die wenig Erfahrung mit Kastrationen haben, eingesetzt – frei nach dem Motto: jedes kastrierte Tier zählt. Auch wenn solche ehrenamtliche Arbeit die Kosten niedrig hält, sind wir der Meinung, dass Straßentiere keine „Übungsobjekte“ sind und die Sicherheit der Tiere absolute Priorität hat. Lieber kommen wir für die Honorare und Kosten unserer Tierärzte und ihrer professionellen Arbeit auf und haben so die Gewissheit, dass die Tiere optimal versorgt werden.

Übrigens, wenn Besitzer ihre Tiere zu uns zum kastrieren bringen, dann bitten wir immer um eine kleine Unterstützung – sei es in Form von Naturalien (oft Obst und Gemüse, das die Leute in ihrem Garten anbauen) oder auch ein paar Peso – damit das Tier im „Wert“ steigt. Denn wer bereit ist, für sein Tier zu „bezahlen“, behandelt es danach erfahrungsgemäß auch besser.

Heute

Wenn man heute durch Las Terrenas geht, sieht man, dass sich die Zahl der Hunde enorm reduziert hat, ein Großteil der Tiere kastriert und gesund sind und viele der kastrierten Straßenhunde mehr als gut genährt fröhlich umherlaufen. Durch die Aufklärungsarbeit haben die Dominikaner viel mehr Verantwortung für die eigenen, aber auch die herrenlosen Tiere übernommen und teilen ihre Mahlzeiten auch mit den Straßenhunden.

Immer wieder werde ich gefragt, ob es nicht besser sei, alle Hunde von der Straße wegzuschaffen und z. B. in einem Tierheim unterzubringen. Dazu muss man aber folgendes wissen: Viele der Straßentiere sind Besitzertiere. Da die Dominikaner meistens kein eingezäuntes Grundstück haben, gehen ihre Tiere – während der Besitzer arbeitet – spazieren, treffen ihre Artgenossen, spielen oder besuchen Menschen, die sie mögen. Auch Straßenhunde haben ihre festen Routen und Reviere die sie meist vor Neuankömmlingen verteidigen.

In einem Dritte-Welt-Land, in dem es kein wirkliches Müllkonzept gibt, wird der Müll oft am Straßenrand entsorgt. Der organische Müll wird von den Hunden und Katzen gefressen, was gut und notwendig ist, denn sonst hätte man sehr schnell eine Überpopulation von Ratten, die meist ein höheres Gesundheitsrisiko für die Menschen mit sich bringen als Hunde oder Katzen. Da die Hunde hier sehr frei und sozial leben, kann ein Tierheim nicht artgerecht sein. Auch die Kosten dafür wären kaum zu finanzieren. Die Kosten für eine Kastration sind dagegen sehr gering (100€ für eine Hündin, 80€ für einen Rüden oder eine Katze und 50€ für einen Kater) und sie helfen dem Tier langfristig, ein artgerechtes, gesundes und stressfreies Leben zu leben.

Durch unsere unermüdliche Arbeit ist es gelungen, dass Straßentiere in Las Terrenas fast so selbstverständlich zum Straßenbild dazu gehören wie parkende Autos. Das Durchschnittsalter eines Hundes liegt nun nicht mehr nur bei 5 Jahren. Es gibt viele graue Schnauzen, die mit ihren 14 Jahren ein ruhiges und beschauliches Leben führen. Auch haben kastrierte und gesunde Straßentiere viel eher die Chance, adoptiert zu werden und damit auf Dauer ein neues Zuhause zu finden.

Wir Menschen müssen uns von unserem „menschlichen“ Denken verabschieden und anfangen „tierisch“ zu denken. Ein gebuddeltes Sandloch am Strand gefällt einem Hund genauso gut wie ein 200€ teures Hundebettchen, Schlachterabfälle und Knochen (welche die Straßenhunde von den hiesigen Fleischereiständen bekommen) schmecken ihnen viel besser und sind gesünder als Hundeleckerlies aus der Tüte, Hunde leben lieber frei und mit ihresgleichen als alleine in der Wohnung gehalten zu werden, Strandspaziergänge im Rudel, wo sie gemeinsam mit Kokosnüssen spielen, sind artgerechter für die Tiere als ein Zuhause voller teurer Plastik-Spielzeug. Wer einmal die glücklichen Straßenhunde in Las Terrenas kennen gelernt hat, gesehen hat wie sie sozial miteinander umgehen und am Strand oder über die Straßen laufen, der braucht kein Mitleid zu empfinden, denn sie leben ein artgerechtes Hundeleben. Wichtig ist eben nur, dass sie kastriert und in guter Gesundheit sind und dass sie von den Menschen respektiert werden.

Mit unserer Arbeit packen wir die Probleme direkt an der Wurzel, Ihr könnt mit Euren Spenden dazu beitragen, diesen artgerechten und lang anhaltenden Tierschutz zu unterstützen.